Das Kapitel im Überblick: 6.1. Was bedeutet Mystik? 6.2. Wie ist Mystik in das Spiel integriert? 6.3. Welche Regeln liegen Mystik zugrunde? Welche Formen von Mystik sind erlernbar?
6.1. Das Konzept von Mystik
Mystik beschreibt das Übernatürliche, Übermenschliche der Spielwelt, mit dem die Charaktere konfrontiert werden oder dieses selbst praktizieren. Die Konzeption von Mystik folgt dabei bspw. der von Savage Worlds, indem nicht genau festgelegt wird, wann wir von bspw. Magie oder von göttlichem Eingreifen sprechen – oder ob es sich dabei überhaupt um unterscheidbare Kategorien handelt.
Mystik ist in diesem Sinne und ganz getreu seinem Begriff, etwas durch und durch Mystisches, Kryptisches und kaum Definierbares. Zwar gibt es auch innerhalb der Spielwelt – oftmals voneinander abweichende – Definitionen des Ursprungs übernatürlicher Phänomene mit erwartbaren Deutungs- und Erklärungsmustern (Götter, Dämonen, Geister, natürliche Urkraft o.ä.), jedoch wird explizit davon Abstand genommen, eine "wahre" Beschaffenheit von Mystik festzulegen.
6.2. Mystik im Spiel
Als wesentliches Spielelement ist Mystik etwas in der Welt allgemein Bekanntes, wenn auch nicht unter diesem Begriff. Einführend wurde bereits angesprochen, dass es eine Vielzahl an Deutungen und Bewertungen mystischer Vorkommnisse gibt, und dementsprechend unterschiedliche Theorien, Glaubensvorstellungen, Praktiken und Strömungen. Allen Personen oder Gruppen ist gemeinsam, dass sie Mystik auf Basis der gleichen Spielregeln, Möglichkeiten und Beschränkungen anwenden. Zu unterscheiden ist dabei jedoch die Ausrichtung.
Die Welt ist eine fantastische, wodurch Mystik den meisten ihrer Bewohner durchaus bekannt, aber nicht unbedingt im Alltag präsent ist. Als grobe Richtlinie lässt sich festhalten, dass ungefähr 2-4% der Bevölkerung mehr oder weniger stark ausgeprägte mystische Potentiale besitzen, die sie teilweise durch Zufall, teilweise aber auch durch gezielte Schulung erhalten haben.
Je nach Kulturkreis, Glaubensrichtung, sozialem Kontext oder auch individueller Perspektive lassen sich bei den Anwendern von Mystik verschiedene Strömungen – oder Archetypen – unterscheiden, welche sich, je nach Zuschreibung, bspw. als Druiden, Hexen, Schamanen, Priester, Magier, Seher, usw. bezeichnen oder als solche bezeichnet werden.
6.3. Mystik-Grundregeln
Stufen von Mystik qua Generierung:
Mit der Generierung stehen, je nach zugewiesener Priorität, eine bestimmte Anzahl an Mystik-Punkten (MP) zur Investition in Mystik zur Verfügung: D/E --> 0 Punkte, C --> 10 Pkt., B --> 20 Pkt., A --> 30 Pkt.
Durch Einsatz dieser Punkte lassen sich, vergleichbar mit anderen Teilen des Generierungssystems, bestimmte Fähigkeiten kaufen – in diesem Fall mystische Fähigkeiten.
Mystische Fähigkeiten lassen sich in folgende Kategorien unterteilen: 1. Verkörperung des Mystischen 2. Übernatürliche Fertigkeiten 3. Beschwörungen / Herbeirufungen 4. Formung des Mystischen 5. Gefäß des Mystischen
1. Verkörperung des Mystischen
Verkörperung des Mystischen bedeutet, dass mystische Kräfte bestimmte Eigenschaften des Charakters temporär oder sogar permanent erhöhen.
Primäre Attributssteigerung: Das gewählte Attribut wird permanent um 1 erhöht. Es ist explizit möglich, das Attribut dadurch über das Startmaximum zu erhöhen. Auch das absolute Maximum wird entsprechend angepasst. Dieser Aspekt ist mehrfach wählbar. Kosten: 10 MP/Stufe.
Temporäre Attributssteigerung: Der Charakter ist in der Lage, das gewählte Attribut temporär zu erhöhen und dadurch ungeahnte Kräfte freizusetzen. Er erhält die Fertigkeit "Mystik" auf einem Wert von 1 (siehe dazu: der Mystik-Wert) und kann diese durch den Einsatz von EP steigern (wichtig: die Steigerungskosten entsprechen denen eines Attributs). Durch den Einsatz von Mystik-Proben (s.u.) kann der Charakter das gewählte Attribut für einen kurzen Zeitraum erhöhen. Kosten: 10 MP/Attribut.
Bei der Wahl von Verkörperung des Mystischen muss für das jeweilige Attribut eine von beiden Varianten gewählt werden.
2. Übernatürliche Fertigkeiten
Übernatürliche Fertigkeiten funktionieren wie normale Aktionsfertigkeiten, abgesehen davon, dass sie einen mystischen Hintergrund besitzen und dementsprechend nur mystisch veranlagten Charakteren offenstehen. Die folgende Liste mit übernatürlichen Fertigkeiten kann um Vorschläge ergänzt werden:
# Sechster Sinn: Ein Charakter mit dieser Fertigkeit hat einen Sinn für das Übernatürliche und Mystische und ist in der Lage, dieses besser wahrzunehmen. Damit verbunden ist auch eine gewisse Affinität zum Mystischen.
# Das zweite Gesicht: mit dieser Fertigkeit kann ein Charakter in kryptischer Form zukünftige und vergangene Ereignisse erahnen.
# Gefahreninstinkt: Der Charakter verfügt über einen speziellen Sinn für Gefahren.
Diese Liste an übernatürlichen Fertigkeiten ist nicht erschöpfend, sondern eher exemplarisch zu verstehen. Sie kann in Absprache mit dem SL ergänzt werden. Alle übernatürlich Fertigkeiten kosten 10 MP und starten auf einem Wert von 1. Sie können wie normale Fertigkeiten über den Einsatz von EP oder aus Punkten aus der Kategorie "Spezial" gesteigert werden. Sie werden i.d.R. dem Attribut "Wahrnehmung" zugeordnet.
3. Beschwörungen / Herbeirufungen
Unter Beschwörungen / Herbeirufungen verstehen wir deratige Einsätze von Mystik, welche eine Manifestation von Wesenheiten herbeiführen. Dies können Tiere, mystische Kreaturen (Harpyien, Satyrn, etc.), Geister, Elementare Gewalten oder Dämonen sein. Eine Beschwörung / Herbeirufung wird über die Spezielle Fertigkeit "Mystik" vollzogen, die bei der Wahl der mystischen Fähigkeit "Beschwörung / Herbeirufung" auf einem Wert von 1 aktiviert wird (Steigerungskosten wie ein Attribut).
TBC
4. Formung des Mystischen
Bei der Formung des Mystischen geht es um die Veränderung der Welt durch Mystik, sprich: die klassische Anwendung von Magie, karmaler Macht, vulgo: "Zaubern". Formung des Mystischen basiert dabei auf zwei Kategorien: Aspekte von Mystik und Varianten von Mystik. Aspekte bezeichnen dabei bestimmte Merkmale oder Bereiche des Mystischen, während Varianten angeben, was mit diesen Merkmalen gemacht wird. Es existieren jeweils 8 Aspekte und Varianten.
In der Praxis wird Mystik also geformt, indem ein Aspekt und eine Variante miteinander kombiniert werden. Die Proben zur Bestimmung der Stärke des Effekts ähneln dabei Fertigkeitsproben, bei denen der Aspekt das Attribut und die Variante den Fertigkeitswert wiedergibt. Beide werden für Proben addiert, der niedrigere Wert bestimmt das Limit.
Solltet ihr noch weitere Aspekte und Varianten als wichtig/fehlend erachten, könnt ihr diese gerne vorschlagen. Wichtig ist halt a) dass sich die Anzahl ungefähr die Waage hält sowie b) dass es nicht zu viele Aspekte/Varianten gibt. Es soll möglichst kompakt bleiben, Variabilität sollte durch die Kombinationsmöglichkeiten schon genug gegeben sein
Im Spiel erfordert die Formung des Mystischen eine Absprache von Spieler/in und SL. Der/die Spielerin gibt an, was für einen Effekt sie bewirken möchte, der SL bestimmt, welche Aspekte und Varianten dafür kombiniert werden müssen. Die Anzahl der Erfolge gibt dabei an, wie gut die Formung gelungen ist.
Beispiel: Spielerin 4 möchte den Sturm, der ihr Lager bedroht, durch eine Formung des Mystischen besänftigen. Der Spielleiter entscheidet, dass es sich dabei um den Aspekt Elemente (alternativ wäre evtl. auch Umwelt denkbar) handelt und dabei die Variante Verminderung zum Tragen kommt (alternativ wäre evtl. auch Kontrolle denkbar). Für die Eindämmung des heftigen Windes gibt der SL eine Komplexität von [3] an – Spielerin 4 benötigt also 3 Erfolge. Überzählige Erfolge (falls die vom SL gewünschte oder selbst angestrebte Komplexität überschritten wird) können als zusätzliche Erfolge in die Entzugsprobe einfließen.
Ähnlich wie bei anderen Proben können begünstigende oder erschwerende Umstände eintreten, welche die Probe beeinflussen.
Die Formung des Mythos ist stets mit Kosten verbunden, die in Form zunehmender Erschöpfung und mentaler Auslaugung eintreten – dem sogenannten (und eventuell aus Shadowrun bekannten) Entzug. Entzug entspricht einer Form geistigen Schadens, den der Former der Mystik mit der Anwendung erhält und dem mit [Willenskraft x2] oder [Willenskraft + Konstitution] widerstanden werden kann. Je nach Komplexität wird folgender Schaden angerichtet: [1] = leichter Schaden, [2] = mittlerer Schaden, [3] = schwerer Schaden, [4+] = tödlicher Schaden. Für jeden Erfolg bei der Entzugs-Probe sinkt dabei der erlittene Schaden um 1 Kästchen (bei einer Probe mit Komplexität [3] und zwei Erfolgen bei der Entzugsprobe gäbe es also noch 4 Kästchen Schaden). Bereits erlittener geistiger Schaden beeinflusst natürlich auch zukünftige Proben.
Die Dauer bei der Wirkung des Mystischen entspricht der Komplexität in (komplexen) Aktionen. Der Mystiker kann sich dazu entscheiden, diese Dauer zu reduzieren, indem er auf Würfel bei der Mystik-Probe und der Entzugsprobe verzichtet (im Verhältnis 1:1). So führt der Verzicht auf je einen Würfel um eine Reduktion der Wirkungsdauer um eine komplexe Aktion. Die Mindestdauer beträgt mindestens eine komplexe Aktion. Die Effektdauer von mystischen Ereignissen beträgt meistens nur wenige Augenblicke ([Komplexität] Kampfrunden). Der Mystiker kann sich dazu entscheiden, die Effektdauer zu verlängern, indem er auf Würfel bei der Mystik-Probe und der Entzugsprobe verzichtet (im Verhältnis 1:1). Für je zwei Würfel, auf die dabei verzichtet wird, erhöht sich die Wirkungsdauer auf [Komplexität] Minuten, Stunden, Tage und Wochen. Sowohl die Reduktion der Wirkungsdauer als auch die Erhöhung der Effektdauer muss vor der Mystik-Probe angesagt werden. Überzählige Erfolge können auch dafür eingesetzt werden, um zusätzliche Würfel bei der Entzugsprobe zur Verfügung zu stellen. Jeder Erfolg, der über den erwünschten Effekt hinausgeht, kann in einen zusätzlichen Würfel bei der Entzugsprobe investiert werden.
Der Mystiker kann sich auch dazu entscheiden, statt einer Aufstufung der Effektdauer eine aufrechterhaltende Formung zu vollziehen. Dies bedeutet, dass der Effekt solange andauert, wie er sich darauf konzentriert (maximal [Willenskraft] Stunden). Solange die Konzentration aufrechterhalten wird, erhält der Charakter nach Vollzug der Entzugsprobe einen (für mehrere aufrechterhaltende Wirkungen kumulativen) Modifikator von [-2] auf alle anderen anfallenden Proben.
Die Steigerung von Aspekten und Varianten funktioniert wie Fertigkeiten, Kosten und Einschränkungen sind identisch. Jeder Aspekte und jede Variante muss einzeln durch die Aufwendung von EP gesteigert werden. Das dazugehörige Attribut ist Intelligenz.
Bei der Generierung hingegen sind die vorhandenen Mystikpunkte (MP) für die Steigerung relevant. Die Fähigkeit, Mystik zu Formen, kostet pauschal 10 MP. Verbleibende Punkte können dazu eingesetzt werden, die einzelnen Aspekte und Varianten im Verhältnis 1:1 zu erhöhen.
5. Gefäß des Mystischen
Diese Ausprägung von Mystik ist, ebenso wie die Formung des Mystischen, offen und flexibel gehalten. Alle Aspekte von Mystik, die nicht in den o.g. Kategorien enthalten sind, lassen sich über das Gefäß handhaben. In Absprache mit der/dem SL sind Auswirkungen und Kosten (10 – 30) zu klären.